“..mit Pommes dabei, aach, dann gebense gleich zweimal Currywurst” – Grönemeyer

 

Wie haben wir geschlafen? Von Torgit kommt nur als Kommentar brbrb brbrb brbrb, keine Ahnung ob ich das richtig geschrieben habe. Doch warum schreibe ich das hier? – Weil ich mir nicht sicher bin, ob sich irgendjemand vorstellen kann, wenn ein ganzer Bulli die halbe Nacht durch im Wind schaukelt? –  Ja, ihr habt richtig gehört, die ganze Karre wackelt, schaukelt, rumpelt, und wiegt sich im Wind.  Dazu das Heulen des Windes, da kommt man schon ins Überlegen. Ist das Dach gleich noch drauf? Ist die Handbremse auch wirklich fest genug angezogen? Fällt gleich die ganze Klippe ins Meer? Bin ich doch auf einem Boot? – Und dann, als es hell wird, die Fundamentalste aller  Fragen: Sind die Flip Flops noch da?

Dann plötzlich Torgits Aufschrei,  “meine Flipi-Flopis sind weg”. Ich greife mir heldenhaft mein Surf Poncho und mache mich auf die Suche in Regen und Wind.  Noch nicht ganz draußen, bin ich schon klatschnass. – Ich kann zwar noch nicht, so wir Inspektor Dupin die Bretonen beschreibt, die einzelnen Regenarten unterscheiden. Doch dieser ist nass; sehr, sehr nass. – (Dupin behauptet die Bretonen hätten fast so viel Beschreibungen für Regen, wie die Eskimos für Schnee. – Das muss natürlich gar nichts heißen, denn zumindest das mit den Eskimos scheint dem Film “Fräulein Smillas Gespür für Schnee” zu entstammen und hat wohl wenig mit der Realität zu tun. Wobei ich zugeben muss, dass der Originaltitel “Fröken Smillas känsla för snö” sich für mich sehr kompetent anhört oder nicht? ) – Doch zurück zu den Flipi-Flopis  meiner Frau.  Als ich meine Suche fast schon aufgegeben habe, stelle ich fest, Torgit hat diese bereits gestern sicherheitshalber innen auf die Trittstufe gestellt. Aus  brbr brbrb  wird grrrg grrrg. – Also ich wieder klatschnass rein, um dann als dank folgenden Spruch zu ernten: „Kämpf du lieber mit der Bettdecke.“ Dann wisst ihr, was ich so alles ertragen muss. (Anm. von Torgit: Nach der Dusche draussen, bin ich zurück in den Bulli und habe kurz meine FlipFlops draussen stehen lassen. In der Sekunde, als die Bullitüre hinter mir zuging, kam mir der Gedanke, dass dies keine gute Idee ist. Also Tür direkt wieder auf und siehe da, meine Flipflops waren schon vom Winde verweht. Ich konnte noch gerade hinterher hechten und sie wieder einfangen. Dass ich dabei nackt war, hatte ich völlig vergessen. Man  muss Prioritäten setzen  😉  )

Um mich abzulenken, beschäftige ich mich lieber mit den elementaren Dingen: Essen zum Beispiel. Und ich muss zugeben, dass mir auf unserer Tour doch das ein oder andere fehlt. Es ist nicht nur das Brot, heute denke ich mehr an Currywurst. Und meine Gedanken haben ein konkretes Ziel, die “Letzte Bratwurst vor Amerika” – Schon bei diesem Wort läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Kennt ihr das so richtig gutes Marketing? – Stefan, der Marketingchef eines bekannten Fertighaus-Konzerns, hat mir von einer Currywurstbude auf dem Cabo de São Vicente, am südwestlichsten Punkt Europas erzählt. Und wenn so Marketingjungs so etwas beschreiben, dann ist da schnell von Superlativen die Rede. – Wenn ich dann so was wie “weltbeste Pommesbude”, “gigantischer Aussicht” “Original Nürnberger und Thüringer Wurstspezialitäten” höre, dass weckt dann schon Ansprüche. Denn Kölner sind mit Currywurst verwöhnt, ich als Remscheider sowieso. Da ist der “Weltmeister” eine Currywurst Ikone. Dann gibt es ja auch noch die Wurstbraterei, bekannt aus dem Kölner „Tatort“. Diese steht für uns “normalerweise” fußläufig an der Südbrücke, im Kölner Rheinauhafen. – Doch heute möchte ich (m)eine Currywurst unter einem Leuchtturm genießen. – Da kann das ja nur gut sein oder?!?

Nach fünf Tagen und Nächten ohne Fest Strom, geht sowieso der Ladezustand unser Batterien zur Neige. Auch unser Wasser wird knapp, es reichte noch gerade für die Dusche. Also suchen wir uns einen Platz in der Nähe von Lagos. Mit einem kleinen Umweg ist auch die Currywurst eingeplant. – Cabo de são vicente liegt fast auf der heutigen Etappe. Der südwestlichste Punkt des europäischen Festlandes …

Der westlichste Punkt auf europäischem Festland, Cabo da Rocha, war ja bereits an Tag No 52. Ziel unserer Reise. Der südlichste Punkt, in Spanien bei Tarifa soll noch folgen. Unser heutiges Zwischenziel war und ist bereits für Kelten, Römer und Christen ein heiliger Ort. Benannt nach dem heiligen Vicente, dessen Leichnam hier um 304 nach Christus gestrandet sein soll. Also auf zu Leuchtturm und zur Currywurst. – Auf dem Weg durchfahren wir nicht nur Pinienwälder, die wie getupft aussehen, sondern stoßen immer mal wieder auf Street Art. – Die Flamingos fanden wir besonders nett. Da wir unterwegs immer wieder auch Mädels treffen, die ihre Körperhaltung für das nächste Foto mindestens zehn mal korrigieren, versucht sich Torgit auch einmal in der Kunst sich filigran hin zu stellen.

“Biste richtig down – brauchste wat zu kaun – ‘ne Currywurst”

 

Bereits viele Kilometer vor dem Kap wird der Leuchtturm sichtbar. – Wir parken seitlich auf dem Kap um den Touristen ein wenig zu entgehen. Auch hier weht der Wind stürmisch. Torgit geht etwas schief, doch die frische Luft tut uns gut. Wir erkunden das Gelände, machen Bilder vom Leuchtturm. Doch wo ist die Bratwurstbude? – Keine Ahnung – Doch hier ist sie nicht. Die Currywurst scheint es nur für Schönwettergäste zu geben. Schade ist gar kein Ausdruck, nun bin ich wirklich down, bräuchte was zu kauen, doch es gibt keine Currywurst. 

Dann fahren wir halt ein paar Meter weiter an die Surfer. – Später fahren wir zum Camping Turiscampo Yelloh bei Lagos. – Nach fünf Tagen Wildcampen fast schon ein Kulturschock. So viel brabbelnde Menschen. – Wir stehen noch nicht richtig, dann werden wir schon von zwei Kanadiern aus Vancouver Island zugetextet. – Diese stehen mit Ihrem gemieteten VW California direkt nebenan und sind am letzten Tag ihrer Europa Tour.  – Paris, Hamburg, Köln inlusive Marathon… – Sechs Wochen 8.000 Kilometer – Wir sind müde und immer noch hungrig. Also schnell unter die Dusche und dann was Essen. Ich finde zwar keine Currywurstbude aber einen gut bewerteten Inder, ist doch auch Curry oder? – Der Fußweg lohnt sich, wir essen ausgezeichnet. Gesättigt, zufrieden und vor allem glücklich fallen wir heute in die Koje.

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