Als ich heute Morgen aufwache und auf mein Handy schaue, sehe ich, dass es schon halb Acht ist. Doch ich sehe auch den harschen Kommentar einer Leserinnen unseres Blogs. – Doch dazu später mehr, denn ich brauche nun erst einmal einen Kaffee. – Als wir kurz drauf mit der Tasse in der Hand aus dem Bus blicken, ist es deutlich bunter als gestern. Unsere beiden österreichischen Mädels und bisherigen Nachbarinnen, haben sich auf den Weg Richtung Marokko gemacht. – Zwei junge, sportliche, nicht allzu hässliche Mädchen, allein im VW-Bus durch Marokko!? – Ich halte das für gewagt. Umso mehr Respekt habe ich vor der Traute. – So drücken wir die Daumen, dass alles gut geht. – Dafür ist nun der alte Ford Transit von Sebastian aus Deutschland übrig geblieben. – Er schläft heute aus, hat er sich auch verdient, die Jungs waren gestern lange klettern.

Später machen sich auch zwei der Jungs auf in Richtung Fähre. So ist es wieder einmal Zeit, sich zu verabschieden. – Ich finde es immer wieder bereichernd, neue Menschen, mit neuen Ideen, sowie neuen Hobbys kennen und schätzen zu lernen. Wir stellen fest, dass wir deutlich schnellere und intensiverer Kontakte unterwegs haben. Durch meine bisherige Tätigkeit habe ich tagtäglich mit unterschiedlichen Menschen zu tun gehabt. – Doch hier lernen wir noch schneller Menschen einzuschätzen. – Wie immer im Leben gibt es solche und solche. – Was wir auf dieser Tour auch lernen, ist Abschied zu nehmen.

Auch für uns wird es Zeit den Berg zu verlassen. Wir möchten heute einen Abstecher nach Tarifa unternehmen. Kaum sind wir im Tal, sehen wir zu unserer Rechten einen langen Sandstrand. – Täuschen wir uns, oder stehen da Camper? – Wir beschließen kurzerhand zu halten, um die Gegend, als möglichen Stellplatz für die Nacht zu erkunden. – Tatsächlich steht hier ein Camper und dahinter ein großer Bus, welcher scheinbar ebenfalls zum Wohnmobil ausgebaut ist. – Plötzlich sehe ich nochmals dahinter ein alten Mercedes Bus. Die Farbkombination kommt mir bekannt vor. Und wie sich herausstellt steht hier Pascal, den wir vor einigen Wochen, am 70. Tag unserer Reise in Portugal, genauer gesagt bei Aljezur kennen gelernt haben. Kurz drauf, bzw. neun Tage später haben wir ihn an der Praia do Burgau, in der Nähe von Lagos wieder getroffen. Zufall? – Doch aller guten Dinge sind drei, so treffen wir ihn halt heute, 64 Tage nach unserem Kennenlernen und knapp 500 Kilometer weiter südlich ein drittes Mal. – So gilt es nicht nur Abschied zu nehmen, sondern auch wieder willkommen zu heißen.

Wir verabreden uns auf später und fahren erst mal nach Tarifa. – Zuerst gilt es, einen neuen Supermarkt zu erkunden. Denn ansonsten würde es um unser Frühstück schlecht stehen. – Auf dem Weg entdecken wir bereits die erste Street Art. No. 1 von Axel Void, der als Sohn einer haitianischen Mutter und eines spanischen Vaters geboren wurde, in Spanien aufwuchs und in Cádiz Bildende Kunst studierte. Bis zu seinem Umzug nach Miami 2013 lebte er in Berlin. – No. 2 von Vincent Abadie Hafez – ZEPHA _ No. 3 Abdellatif Moustad.

Wir sind total begeistert von seinem Werk. – So sitzen wir einige Minuten nach unserem Einkauf am Strand auf einer Mauer und frühstücken nicht nur ausgiebig, sondern können uns direkt ein wenig über diese Bilder austauschen.

Was ist das wichtigste Ziel in Tarifa? Natürlich, die Isla de Tarifa. Von hier scheint Afrika zum Greifen nah. Tatsächlich sind es knapp 15 Kilometer. Doch das Entscheidende, hier verläuft die Grenze zwischen Atlantik und dem Mittelmeer.

 

Southernmost Point of Continental Europe, Tarifa, Andalusien, Cádiz

So stehen wir nun auf dem Damm zur Insel. Zu unser Rechten die Playa Tarifa mit Blick auf den Atlantik und auf der linken Seite die Playa Chica, mit Blick auf das Mittelmeer. Spannend, dass reale Bild, deckt sich mit der Vorstellung: Auf der atlantischen Seite schlagen die Wellen an den Strand, und die Kiter haben ihren Spaß. Vor allem ein Kiter, oder soll ich sagen ein Kite-Team, zieht unser besonderes Augenmerk auf sich. Denn zum Team gehört Herrchen und Hund. Während das Herrchen den Strand auf und ab fährt, läuft der dazugehörige große schwarze Hund, mit einem Mordstempo, parallel dazu das Ufer auf und ab. – Sicherlich wissen beide, am Abend was sie getan haben. Als der Kiter an den Strand fährt, ist der Hund schon auf gleicher Position. – Jetzt gibt es erst einmal eine stürmische Umarmung im Wasser. Ein eingespieltes Team. – Auf der Gegenseite und somit in Richtung Mittelmeer, sitzen Badende in der Sonne. Das Meer scheint deutlich ruhiger, selbst der Wind scheint hier keine Wirkung zu haben, als ob es nicht nur eine Wasserschneide, sondern auch eine Wetterscheide gibt. – Der Wetterfrosch könnte das sicher besser erklären.

Doch wir wollen wieder zurück zu Pascal. – Kurz drauf parken wir Hector direkt hinter dem BIBO Beach House. Hier ist es deutlich ruhiger als an der schräg daneben liegenden Playa Valdevaqueros. – So sitzen wir hinter dem Beach Club in der Sonne und unterhalten uns ein wenig mit Pascal. – Ein sehr entspannter Tag. Uns gefällt es auf jeden Fall so gut, dass wir drüber nachdenken, auch morgen noch hier zu bleiben. Doch was wissen wir abends, wo es uns morgen hin treibt?

“Wunderliches Wort: die Zeit vertreiben!

Sie zu halten, wäre das Problem.

Denn, wen ängstigts nicht: wo ist ein Bleiben,

wo ein endlich Sein in alledem?…”

 

Ich hatte ja vorhin geschrieben, dass eine Leserin unseres Blogs, uns geschrieben hat, dass sie meine Äußerungen zur Joghurtbecher -Fraktion “echt schade findet, vor allem, dass die großen net gut weg kommen”. – Sicherlich ein guter Anlass einmal darüber nachzudenken. In der Kommunikation heißt es, es gibt ein Sender-Empfänger Verhältnis. Es kommt diesbezüglich nicht darauf an, was der Sender denkt und meint zum Ausdruck zu bringen, sondern wie es beim Empfänger ankommt. Also scheine ich mich falsch ausgedrückt zu haben. – Deshalb erst einmal herzlichen Danke für den netten Text und das sehr sympathische Feedback.

Ich versuche es noch einmal: Heißt es nicht, nichts ist beständiger als der Wandel? – In meiner Jugend galten Schrebergärten als wirklich, wirklich uncool. Wer einen solchen hatte, galt als Inbegriff des Spießertums. Umso schockierter war ich, als ich vor ein paar Jahren, von einem trendigen Architektenpaar, eine Einladung in ihren Schrebergarten erhielt. 

Doch was ich vorfand, hatte wenig mit dem erwarteten Gartenzwerg Klischee zu tun. Zwar wurde immer noch etwas Gemüse angebaut, doch dieses war nun Bio und somit ganz hipp. Nein nicht Klaus Hipp. Ob dieser hipp ist, solltet ihr selber entscheiden.

Doch was war da aus der Laube geworden? Ein großes Fensterband brachte Licht in die Hütte. Die Wände strahlten weiß. Alles wirkte hell und freundlich. Innen stand nun ein Bullerjan Free Flow FF17, somit fast schon eine Designikone unter den Kaminen. Für den Fall, dass man auch mal im Winter übernachten wolle, war somit gesorgt. Direkt vor dem Fenster stand ein siebziger Jahre Chair. Doch von wegen spießig, es war ein echter Eames. Und somit ein Lounge Stuhl, den ich nicht nur für bequem, sondern vor allem für sehr, sehr cool halte. Die ganze Hütte war geschmackvoll, mit Accessoires verschiedener Urlaube des Architektenpaares, dekoriert. Die weite Welt in einer Laube. Selbst das Schaffell wirkte hier ziemlich cool. – Statt Fernseher gab es ein kleines Bücherregal mit spannender Literatur. – Sogar eine kleine Hausbar, samt Humidor war vorhanden. – Hier hätte man direkt einziehen können.

Da es jedoch Sommer war, stand man draußen um ein kleines Lagerfeuer herum. Zwei Hängematten gab es auch noch. Doch eines war geblieben. Man trank immer noch Bier aus Flaschen. Doch was war aus den Schrebergärtnern geworden? Vielleicht waren sie doch auf die eine oder andere Art Vordenker? Es ist nicht bei diesem einen coolen Garten geblieben. Im Umland von Berlin und Köln und sicherlich auch von Hamburg, Frankfurt und München findet man inzwischen viele coole Kleingärtner. – Was gestern noch als spießig galt, ist heute hipp.

Kann man dies nicht auch auf die Camper Welt übertragen? Natürlich, es gibt immer noch das Rentner Paar, welches als erstes die Satellitenschüssel ausrichtet, den Gartenzwerg vor die Tür setzt und bei dem entweder der Fernseher oder der Staubsauger läuft. Die 4 Monate auf dem gleichen Campingplatz überwintern. Und wenn es sie glücklich macht, dann bitte schön. – Ich maße mir nicht an, darüber zu richten, ich sage nur, mich würde dies nicht glücklich machen. Doch Gott sei Dank sind wir nicht alle gleich, wäre ja ansonsten ziemlich öde oder?

Doch scheinbar gibt es mehr und mehr Menschen, die von einem freien, einem unabhängigen Leben träumen. Die ihr Fahrzeug ebenso unabhängig und autark gestalten wollen. – Doch obwohl die steigenden Zulassungszahlen eine  deutliche Sprache sprechen, scheinen die Hersteller die Zeichen entweder zu überhören oder bewusst weg zu hören.

Auch in den Siebzigern gab es Hippies, die mit ihrem selbst ausgebauten VW-Bus bis nach Indien fuhren. Und heute scheint es eine neue Generation von Hippies zu geben. – Bitte schön! – Doch gibt es nur das eine, sprich Hippie oder das andere, sprich Spießer? Ich möchte das nicht glauben. Ich denke eher, dass viele auf einen klassischen Camper zurückgreifen, weil es keine Alternative oder nur wenige Alternativen gibt.

Und um eine weitere Lanze, für die weiße Ware zu brechen, muss ich ja eingestehen, dass ich inzwischen etliche ziemlich coole Typen unter deren Besitzern kennen gelernt habe. Doch meist haben diese nicht, mit einem weißen Wohnmobil angefangen. Vorher gab es einen Bulli, eine Lappländer oder sonst was Cooles. Doch mit zunehmendem Alter oder mit den Kindern wurde halt auch der Anspruch auf Raum und Comfort größer. Das Herz schlägt immer noch wild und frei, doch die Alternativen sind beschränkt. – Es geht also nicht um Euch Großen, ab und zu hätten wir auch gern ein eigenes Bad. – Doch eines wusste ich komischerweise bereits als junger Kerl:

 

“Vielleicht werde ich einmal groß, vielleicht werde ich alt und grau, doch nie, nie werde ich erwachsen”

 

Mir fällt dazu das Gedicht “In meinem wilden Herzen” von Rilke ein. 

 

 

“…Sieh, der Tag verlangsamt sich, entgegen

jenem Raum, der ihn nach Abend nimmt:

Aufstehn wurde Stehn, und Stehn wird Legen,

und das willig Liegende verschwimmt …”

 

Wir merken ja selbst, wie unflexibel der Markt sich gestaltet. Entweder von der Stange oder teuer oder Selbstausbau. Doch Studien wie die VisionVenture von Hymer zeigen, dass es auch anders geht. So wird es sicherlich in Zukunft auch coole Joghurtbecher geben. Die sind dann nur nicht mehr weiß. Und zum Schluss noch ein Hinweis, ich liebe Joghurt. Ohne ihn schmeckt mein Müsli nur halb so gut.

 

…Berge ruhn, von Sternen überprächtigt; –

aber auch in ihnen flimmert Zeit.

Ach, in meinem wilden Herzen nächtigt

obdachlos die Unvergänglichkeit.”

PS: Kleine Empfehlung für alle, die noch ein wildes Herz haben,

Rilke Projekt, Schönherz & Fleer, Laith Al-Deen:

PS: Heute ist übrigens “Tag der italienischen Küche” – Italien isst mehr als Pasta und Pizza – Doch was wären wir auf unserer Tour ohne Nudeln? Und obwohl inzwischen geklärt scheint, dass die Erfinder der Pasta Chinesen waren, so mag ich es dennoch nicht glauben. Nur weil angeblich ein 4.000 Jahre alter Topf mit Nudeln in China gefunden wurde? – Wir alle wissen doch, dass die Chinesen in Richtung Plagiate keine Skrupel haben, oder? Das war doch sicher eine Raubkopie! – Und Pizza, ich meine so eine richtig gute Pizza, so eine wie beim Ristorante Toscanini in der Kölner Südstadt, die fehlt mir auf dieser Tour wirklich. – Deshalb ist eines sicher, eine unserer nächsten Touren führt nach Italien, Essen wie bei Nonna.

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