Auch der heutige Morgen ist kühl und klar. Unsere Camping Batterie hat etwas gelitten. Wir packen erst mal die Solartasche aus. Ich gehe jetzt mal unter die kalte Außendusche, Torgit beschränkt sich nach ihrer gestrigen Erfahrung, auf eine Katzendusche. Danach gibt es Frühstück. – Sobald mir wieder warm wird, plane ich einen Erkundungsgang. (Anm. von Torgit: Unser Wasser ist begrenzt, sehr begrenzt. Die Anzahl der Tage, die wir frei stehen können, wird bestimmt durch die vorhandene Menge an Strom und Wasser. Wenn wir 10l Wasser pro Tag zur Verfügung haben, kann ich mir überlegen, was ich damit tue: Trinken, duschen oder spülen)

Gestern habe ich eine Vogelwarte entdeckt . Ein einfacher Unterstand, doch nahe an dem Bereich, von dem wir vermuten, dass dort die Geier ihr Quartier haben.  Ich hoffe von dort aus mit dem Fernglas die Raubvögel beobachten zu können, ohne sie aufzuscheuchen. So mache ich mich auf den Weg. Nach einem kurzen Fußmarsch durch den Wald, habe ich den Platz erreicht. Ein über und über bekackter Felsen zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. – Ich beziehe im Unterstand Stellung. Von hier aus habe ich mit dem Feldstecher einen guten Blick auf das Areal. – Warum sich hier die Geier wohl fühlen, ist mir nun klar. Ich entdecke die Gerippe einiger Rinder, für Schweine scheinen die Knochen etwas groß. Es wird also gefüttert. – Doch von den Vögeln ist nichts zu sehen. – Vogelkundler müssen geduldige Menschen sein. – Eine Eigenschaft, die ich mir wirklich nicht zu schreiben kann. Hätte ich mir doch nur ein Buch mitgenommen. Das Areal auf dem ich die Vögel vermute liegt in der Sonne.  Hier unterm Wellblech ist es kalt. 

Nur ein Schwarm Krähen hat sich breitgemacht. Plötzlich höre ich etwas Schweres auf dem Wellblech des Unterstandes landen. Ich verharre wie angewurzelt. Als ich zur Seite aus dem Unterstand schaue, sehe ich ihn. – Einen überdimensionalen Geier, zumindest seinen Schattenriss, der sich deutlich neben mir auf dem Felsen abzeichnen. Der “Kleine” sitzt mir buchstäblich auf dem Kopf. Ich traue mich kaum zu atmen. Nach einiger Zeit fliegt der Geier wieder auf. Scheinbar nur ein Horchposten?

Und dann landen sie, zumindest einige Exemplare. Bis jetzt war ich mir immer noch nicht hundertprozentig sicher. Doch dies sind eindeutig Geier. Sie bewegen sich am Boden sprunghaft, genau so wie man es aus dem Zoo kennt. Aus einer solchen Nähe, habe ich diese Tiere niemals gesehen. Am Boden empfinde ich sie als ungelenk, in der Luft wunderschön. Ich könnte hier noch stundenlang sitzen und die Vögel beobachten. – Ich wusste nicht, dass es so gewaltige Vögel in diesen Gegenden gibt. Ich schätze die Exemplare auf über 1 Meter Höhe und eine Spannweite von deutlich über zwei Metern. – Später lese ich, dass es sich um Gänsegeier handelt. Doch dafür musste erst mal Internet her. Die Gattung hat sogar eine Spannweite bis 2,70 m. Die Tiere werden bis zu 11 Kilo schwer. Das wäre doch mal eine Alternative zur Weihnachtsgans. Doch ein Aasfresser, dann lieber doch nicht. 

Es wird nun einfach zu schattig. So verabschiede ich mich von den Vögeln und schleiche mich durch den Pinienwald von dannen.

Torgit und ich beschließen heute noch einmal unseren Standort zu verlegen. Wir fahren zuerst zurück Richtung Alcalá de los Gazules. Unser Navi führt uns noch einmal eine Schleife durch den Ortskern, rauf auf den Berg und wieder runter. Heute am Wochenende wird es eng. Die Tour durch die engen Gassen entwickelt sich zur Team-Challenge. Außerhalb der Ortschaft atmen wir auf. Doch wir wollen noch ein wenig weiter. – Da es Morgen nach Jerez de la Frontera gehen soll, wollen wir bereits ein Stück der Wegstrecke heute zurück legen. Es soll zur Laguna de Medina gehen.

Dieser See liegt ca. 10 km vor Jerez, direkt an der Autobahn. Doch von dieser ist weniger zu hören als erwartet. Direkt am See befindet sich ein kleiner Parkplatz, welcher auch in park4night verzeichnet ist. – So bekomme ich heute die zweite Chance Vögel zu beobachten. Ein Weg führt am See entlang. Ca. 1 km von unserem Stellplatz finden wir auch hier einen Unterstand. Auf dem See sehen wir eine große Anzahl von Flamingos, Gänsen und Enten. Zwar in Sichtweite, doch leider außerhalb des Zoombereiches unserer Handys. Hier soll es auch vom Aussterben bedrohten Vogelarten geben, doch die Kenntnis einzelne Arten zu erkennen entzieht sich uns. 

 Erkenntnis des Tages: Vogelbeobachtung kann glücklich machen. – Ich muss wohl meine Einstellung zu Vogelkundler erneuern.

(Anm. von Torgit: Als ich noch jung und schön war, habe ich gelacht, wenn mir ein Mann seine Briefmarken- oder Vogelsammlung zeigen wollte)

 

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