In Spanien überwintern habe ich mir immer genau so vorgestellt: Trocken und warm…

In diversen Reiseberichten habe ich immer gelesen, dass den Reisenden, fern der Heimat vor allem die Jahreszeiten und vor allem Frühjahr und Herbst fehlen würden. – Hört sich gut an, war mein Denken. – Doch wie sieht es im realen Reisen aus? 

Bereits am frühen Morgen weckt uns der Regen, der auf unser Dach trommelt. Dieser begleitet uns über den Tag. Torgit hat Halsschmerzen und ich einen Schnupfen. Doch wir dopen uns mit Ingwer. – Heute fahren wir über Torrelavega in Richtung Comillas. Kantabrien erinnert ein wenig an meine Heimat das Bergische Land. Die Landschaft ist hügelig bis bergig, es wirkt sehr grün und regnen tut es auch. Doch hier spürt man deutlich, dass die Wirtschaftskrise diese Region stärker betroffen hat. Vom Baskenland kommend, ist eine deutliche Veränderung zu spüren. – Unseren Weg säumen immer wieder Bauruinen. Die Industrie wirkt sichtlich in die Jahre gekommen. Viehhaltung, Fischfang und Tourismus scheinen die Säulen der Wirtschaft zu sein. 

Somit betrachten wir uns als Säule der Wirtschaft und betreiben ein wenig Tourismus. – In Comillas angekommen fahren wir erst einmal an den Strand. Wir frühstücken im Bulli, bei laufendem Scheibenwischer. Da ein Ende des Regens nicht absehbar ist, ziehe ich mein Shirt aus und gehe erst einmal ein wenig am Meer spazieren. Doch die Blicke der wenigen, in Parkas eingemuckelten Touristen sagt mir deutlich, dass ein nackter Oberkörper, an diesem Ort, insbesondere bei diesem Wetter nicht standesgemäß ist. 

Apropos standesgemäß, man spürt förmlich , dass die spanische Königsfamilie, Ende des 19. Jahrhunderts, ihren Sommerurlaub an diesem Ort verbrachte. Ganz Comillas wirkt ein wenig mondän. Man spürt, dass verschiedene Architekten ihren Stempel, im Stil des Modernisme, hinterlassen wollten und hinterlassen haben. – Besonders spannend finde ich, dass was einst als modern galt, heute einen glanzvollen, etwas altbackenden Charme versprüht. – Was werden die Generationen nach uns, wohl von der aktuell so angesagten Bauhaus Architektur halten? 

In unserer Reise in die Vergangenheit, besuchen wir erst einmal den Friedhof, mit seinem über dem Eingang wachenden Engel. Hier sind wir ganz für uns allein. – Schon der Name: Cementerio Ruta Modernista, hat Glanz oder?  – Wenn man schon begraben sein muss, dann ist dieses Fleckchen, mit freier Sicht auf Meer und das “Monument to the Marquis de Comillas”, sicher kein ganz schlechter Platz. Ebenfalls im Blick steht das “Casa del Duque de Almodóvar del Río”, sowie die päpstliche Universität Comillas.

Als nächstes entdecken wir den Palast von Sobrellano. Trotz Regen beschließen wir ein paar Schritte hinauf zu gehen. Das im neugotischen Stil errichtete Gebäude, besticht durch seine Farbkontraste. Ich versuche mich mit meinem Regencape anzupassen.  Dieser Ort besitzt selbst im prasselnden Regen einen ganz eigenen Charme. 

Gibt es in Comillas noch mehr zu entdecken? Wir googeln ein wenig. – Entsprechend begeistert wollen wir uns noch das Landhaus „El Capricho“ von Gaudí ansehen. Das Navi zeigt uns zwei Wege. Angeblich gibt es zwei Routen. Wir versuchen unser Glück. Doch bereits die erste Route macht uns skeptisch. Der Weg wird immer schmaler und schlechter. – Hoffentlich kommt uns hier kein Auto entgegen. – Plötzlich sehen wir im Regen zwei Rückleuchten. Vor uns steht ein Fahrzeug und versucht zu wenden. Der Grund, eine Baustelle. Auch für uns bedeutet dies, langsam zurück setzen um möglichst zu wenden. Plötzlich lande ich fast mit einem Reifen im Graben. In letzter Sekunde habe ich die Handbremse gezogen. Jetzt ganz, ganz langsam wieder anfahren. Doch es geht gut. In der nächsten Serpentine gelingt es uns zu wenden. – Also die andere Route. Doch auch diese stellt sich als schwierig heraus. Zuerst geht es von der anderen Seite auf den Berg, zweimal muss ich aufgrund von Gegenverkehr zurück setzen. Dann wird die Straße immer schmaler und führt durch kleine Gassen. Am Ende einer Gasse scheint diese einen neunzig Grad-Winkel zu machen. Aus diesem setzt langsam ein PKW zurück.  Das Capricho liegt in einer Sackgasse. Es gilt wieder zurückzusetzen, um eine Möglichkeit zum Wenden zu suchen. Inzwischen ist ein PKW hinter uns. Auch dieser versucht zu wenden und fährt sich dabei erst einmal in der Fassade eines Hauses fest. Über uns hören wir die spanischen Verwünschungen einer Anwohnerin. Jetzt verstehen wir auch das Schild “solo para residentes”. Unser Versuch zu wenden dauert seine Zeit. Vor-zurück, vor-zurück, ein paar Pflanzkübel umstellen und weiter, vor-zurück. Nach einigen Anläufen sind wir wieder frei und froh, dass Hector ohne Blessuren davon gekommen ist. – Wie würde unser Freund Uwe sagen? “Da ist es sicher auch noch schön , wenn ich nicht da war” – So sehen wir das nun mit „El Capricho“. War eine Mords Gaudí.

Wir fahren lieber nach San Vicente de la Barquera. Camping el rosal ist zwischen zwei Stränden gelegen, welche als Surfer HotSpot gelten. 

Ich parke Hector mit direktem Blick auf die Bucht. Doch Torgit kommt mit einem Veto um die Ecke. “Warum gerade ich mal wieder so dicht an den Abgrund (zwei Meter Böschung) ran müsste und nicht, wie jeder normal parken könnte?” – Entsprechend in meinem Ego angekratzt, parke ich um. Kaum stehen wir, wird der von mir angedachte Platz, von ein paar Surfern belegt.- Auf der anderen Seite werden wir auch noch eingekeilt.

Soviel dazu.  –  Torgit hat es dann auch eingesehen.

 

 

 

Hector’s Erkenntnis des Tages: “Man muss nicht immer im Mittelpunkt stehen, man darf auch mal sitzen”.  

*PS: Uns fehlen weniger die Jahreszeiten. – Was uns fehlt ist Vielfalt beim Essen. Wer uns kennt, kennt auch unser Motto: Essen macht glücklich. – Das Gemüse in Frankreich war spitze. Doch die Auswahl an Wurst, Käse aber vor allem Brot scheint in Deutschland einmalig zu sein. Torgit liebt Spanien. Doch ihr Verhältnis zum französischem Baguette war schon gestört. Das hiesige pan blanco macht es nicht besser, sondern…

Torgit geht dieses Thema anders, aber nicht weniger nachdrücklich an. Sie schreibt direkt einen öffentlichen Brief an Spanien:

“Liebes Spanien,

Du warst mir immer sehr sympathisch, wir haben schon viele schöne Zeiten miteinander verbracht. Ich glaube ich war 5 Jahre alt, als wir uns kennen lernten. Es wäre fast das erste und letzte Mal gewesen, wenn mein Vater mich nicht wieder aus dem Meer rausgezogen hätte, in das die Welle mich am Strand spielend mitgezogen hatte. – Durch die Abifahrt nach Barcelona habe ich deine kulturelle Seite kennen und lieben gelernt. – Du hast mir Zugang zu den spanischen Künstlern ermöglicht. – Der MallorcaPauschalUrlaub mit Doris war damals die große weite Welt-  Zwei Wochen im Sommer, für den man das ganze Jahr sparte. Seitdem liebe ich Palma sehr. – Die Familienurlaube an der Costa de la Luz, mit feinem goldenen Sand, waren atlantisch und immer sehr schön. – Mit der Rundreise durch Andalusien hast du mich dann restlos begeistert. In der Alhambra hatte ich Pippi in den Augen. So unfassbar schön!

Jetzt allerdings haben wir ein Problem. Schon in Frankreich hatte ich nach 3 Wochen das Baguette über. Auch wenn dieses so unfassbar lecker war. Besonders dieses eine, für das ich in dieser winzigen Bäckerei in einem kleinen Dorf, an dem wir zufällig vorbei kamen und dessen Name ich schon wieder vergessen habe, gefühlt als 20. in der Schlange auf der Gasse angestanden habe, während in der kleinen Kirche nebenan die Orgel so wunderschön spielte. So hatte ich Muße den Markt um mich herum zu genießen mit seinem lustigen Angebot von allem möglichen, bis hin zu Matratze und Lattenrost. Doch das war, wie gesagt in Frankreich.

Es geht fast nichts über ein gutes Brot. Allerdings sind wir Deutschen in Sachen Brot sehr verwöhnt, besonders durch die große Auswahl. Da fällt es mir schwer wochenlang das gleiche Brot zu essen. Und nun soll ich auch hier weiter immer nur dieses eine Brot essen? Damit käme ich ja vielleicht noch klar, wenn dieses Brot mir in Form von Pintxos serviert wird wie in Bilbao. Mit einem leckeren Txakoli. Aber dieses Ding, das ich hier im Supermarkt kaufe, und das Hector so verkrümelt, dass mein weltbester Ehrmann schlechte Laune bekommt, geht gar nicht. Also, gibt dir mal ein bisschen Mühe, sonst werden dein Pan Blanco und ich keine Freunde. In froher Erwartung, Torgit”

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