Heute ist es also soweit, bereits früh fahren wir am Stausee Embalse del Conde de Guadalhorce entlang, in Richtung Norden. Ziel ist Sillón del Rey die Staumauer des Sees. Von hier führt der Zuweg zum nördlichen Eingang des Caminito del Rey. Torgit begleitet mich noch die ersten Meter und kehrt dann um. Ich folge dem Pfad. Unterwegs überholen mich immer wieder vorbei hastende Wanderer, welche scheinbar übersehen haben, dass bis zum Eingang in die Schlucht, erst einmal 2,8 Kilometer Zuwegung passiert werden müssen. Da die Zahl der Besucher reglementiert ist, müssen die Tickets vorab gebucht werden. Diese sind nicht nur auf feste Zeiten ausgestellt, sondern mit dem Hinweis versehen, dass man eine ½ Stunde vorher am Zugang sein muss. – Bereits nach wenigen Metern stoße ich auf ein Pärchen, welches mich im Vorfeld überholt hat. Für die Beiden ist der Spurt blöd gelaufen. Sie hat sich schon den Knöchel gestaucht. – Deshalb hier schon der Tipp rechtzeitig zu starten, denn der Pfad lohnt es es ruhig angehen zu lassen.

Am Eingang zum Klettersteig, bekomme ich Helm und Haarnetz ausgehändigt. Helmpflicht macht hier Sinn, denn unterwegs liegen immer wieder heruntergefallene Steine auf dem Steg. – Jetzt ist es endlich so weit. Der Caminito del Rey, auch Königspfad genannt, empfängt mich. Die Geschichte dieses Pfades führt zurück zum Beginn des 20. Jahrhunderts. – Der Plan sah vor einen Kanal von den Stauseen des Nordens bis nach El Chorro zu bauen. Das Gefälle sollte für ein Wasserkraftwerk dienen. Um die Wartung dieses Kanals zu sichern, war ein Weg notwendig. König Alfonso XIII. weihte den Pfad ein, der ihm zu Ehren den Namen „Caminito del Rey“ oder Weg des Königs erhielt.

Fortan nutzten die Bewohner der Nachbardörfer den Weg tagein, tagaus. Die Kinder als Schulweg, die Männer zur Arbeitsstätte, die Frauen bei Einkäufen. Nachts war der Caminito durch Laternen beleuchtet, deren Reste noch heute zu sehen sind. Doch dann verfiel der Weg mehr und mehr. – Zuletzt galt der inklusive Zuwege fast 8 Kilometer lange Pfad als einer der gefährlichsten Klettersteige überhaupt.

Seit dem 2015 die Route vollkommen instandgesetzt wurde, scheint die Gefahr gebannt. Doch eines hat sich nicht geändert: Über Stege zu gehen, die über eine mehr als 100 Meter hohe Schlucht gebaut wurden, ist immer noch eine spektakuläre Erfahrung. Dabei fühle ich mich vollkommen sicher, denn der Weg ist top abgesichert.

Auch meine alten Kumpel, die Gänsegeier sind wieder da und ziehen ihre Kreisbahnen am Himmel. Auch ein paar Iberiensteinböcke laufen mir vor die Kamera. Dennoch bin ich fast ein wenig enttäuscht, als vor mir die Hängebrücke auftaucht. Mir ist bewusst, dass der Pfad bald zu Ende ist. Das Tal ist toll, doch irgendwie hatte ich mir noch mehr Spannung erwartet. – Als ob der Pfad meine Gedanken erahnt, steigert sich auf den letzten Metern noch einmal der Wind. Beim Betreten der Brücke muss ich meinen Helm fest halten, damit er nicht davon weht. Und so bekomme ich zum Schluss doch noch ein wenig Abenteuer Feeling. Der Caminito del Rey ist aus meiner Sicht ein absolutes Muss, wenn man in der Gegend ist. Und ja, die Eindrücke sind schon gewaltig. Doch es ist halt kein Grand Canyon. (Anm. von Torgit: Wir wollten doch nicht vergleichen. Doch das ist schwer. Wenn man schon so viel von der Welt gesehen hat wie wir, hängt die Messlatte hoch. Wir sind 2013 mit dem Heli durch den Grand Canyon geflogen und haben dort gepicknickt. Welche Schlucht kann uns danach noch begeistern? Nichts desto trotz ist diese Schlucht hier toll.)

Caminito del Rey  - Der Königspfad - El Chorro - Spain - Andalusia - Provinz Málaga

Als ich wieder im Tal ankomme, wartet bereits Torgit auf mich. – Ab hier fahren wir weiter die Stauseen hinauf. Park4Night weist etliche wilde Stellmöglichkeiten aus, welche wir uns der Reihe nach ansehen. Fast alle sind richtig, richtig schön und teilweise direkt am Wasser gelegen. Doch der Wind hat nochmals zugelegt. Somit suchen wir ein geschützteres Plätzchen. Wir fahren bis zum Ende des Stausees und müssen dann umkehren. Am Ende finden wir einen Platz mitten im Wald. Schnell freunden wir uns mit unseren neuen Nachbarn, ein paar Bienenstöcken an. Es war ein guter Tag.

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