Torgit: Als ich aufwache, ist es noch stockdunkel. Das irritiert mich hier immer etwas. Aus Portugal bin ich noch gewohnt, dass es morgens hell ist, wenn ich aufwache. Die Uhrumstellung von Portugal nach Spanien hat meine innere Uhr ein wenig confused. Als ich die Ohropaxi aus den Ohren nehme, höre ich die Autobahn hinter uns.

Ihr habt richtig gelesen: Autobahn. Warum steht man an einer Autobahn? Nach unserer Fahrradtour gestern durch Cadiz, haben wir beschlossen heute noch einmal in die Altstadt zu gehen. Also fahren wir Hector nur 5 km raus der Stadt und stellen ihn für die Nacht an einen wunderschönen Strand. Dass 100m hinter uns die Autobahn ist, finden wir nicht so wichtig. Marc hört unten sowieso wenig, und ich oben höre zwar mehr, weil ich kein Blech um mich rum habe, schlafe aber sehr gut mit Ohropaxi. – Anmerkung Marc: Ist klar, der Alte hört nur, was er will. – Wurde schon meinem alten Herrn unterstellt.- “Schlecht hören kann der gut” – Ich nenne das selektive Wahrnehmung. – Ohropax wären heute Nacht sicher angebracht gewesen. Doch es ist wie es ist, an den Orten an denen sie sinnvoll wären, möchte ich keine in den Ohren haben. Denn ich schlafe noch unruhiger, wenn ich nicht hören kann, ob sich jemand an Hector zu schaffen macht. – Doch der Standort am Meer und an der Stadt ist ein wenig Lärm wert. – Das die Autobahn “nur eine” vierspurige Schnellstraße ist macht es nicht besser oder schlimmer.

Ein Blick auf die Uhr: 7.30 Uhr. Eine gute Zeit zum Aufstehen. Schnell runter zu Marc, warm kuscheln, nachts schlafe ich oben gut, aber morgens merke ich dann doch die Kälte von 8 Grad. Der ist noch ein bisschen müde, er hat wohl doch nicht so gut geschlafen.

Als ich die Schiebetür öffne, ist es draußen gar nicht so dunkel wie gedacht, auf der Scheibe ist nur mehr Kondenswasser als sonst. Der Blick auf den Strand ist sensationell. Die Wasserlinie ist keine 75m von uns entfernt. Schnell Kaffee gekocht, und der Tag ist mein Freund. Wo gestern noch die Wasserlinie war, ist heute Morgen ein kleines Riff sichtbar.

Die Außendusche verkneifen wir uns heute, denn Hector ist von der Autobahn einsehbar. Also schnelle Katzen- bzw. Katerwäsche am Spülbecken.

Heute parken wir am Bahnhof von Cadiz und möchten die Altstadt zu Fuß erkunden. Da die Stadt auf einer Landzunge liegt und nur 1,2 km breit und 1,8 km lang ist, hört sich das recht entspannt an. Wir lassen uns durch die schmalen Gassen treiben und sehen plötzlich ein Schild ‚Theatrum Balbi’. – Was mag das sein? Erst auf dem 2. Blick wird uns klar, dass wir mitten in der Altstadt von Cadiz vor einem römischen Theater von 70 v.Chr. stehen. Und ich rede hier nicht von einer Kleinigkeit, sondern es hat einen Durchmesser von 120m und hier passten 10.000 Menschen hinein. Das ist das zweitgrößte Theater des römischen Hispania. Es war in Vergessenheit geraten und überbaut, wurde erst 1980 wieder entdeckt.

Wir lassen uns weiter treiben und stehen schon bald wieder vor der Kathedrale. Ich bin zwiegespalten: Lohnen sich die 6,- für die Besichtigung? Gehen wir nicht hinein, werde ich das Gefühl haben etwas zu verpassen. Also Geld gezückt und rein. Das Mittelschiff ist beeindruckend, erinnert mich an ‚Die Säulen der Erde’, schlicht und wunderschön groß. Wäre da nur nicht dieses Netz unter der Decke, das herabfallende Deckentrümmer auffängt. Die Weihnachtskrippe ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Am besten gefällt mir die Kapelle des heiligsten Herz Jesu mit einem Kreuz auf einer Weltkugel. Da geht mir das Herz auf. Das wundert jetzt niemanden, oder? Hatte ich eigentlich schon mal erwähnt, dass Marc mir eine Globus-Nachttischlampe geschenkt hat? Es macht glücklich, abends mit dem Blick auf den Globus einzuschlafen und von Reisen zu träumen und morgens mit dem Blick auf den Globus aufzuwachen. Aber ich schweife schon wieder ab. Die Krypta ist wohl der best-restaurierte Part der ganzen Kathedrale, allerdings sind einige Stellen leer und ich werde das Gefühl nicht los, dass hier Dinge fehlen. Apropos Gefühl: Hätte ich vorher gewusst, dass die Krypta unter dem Meeresspiegel liegt, wäre mir ganz anders geworden. Angeblich soll man hier unten auch das Meer hören. Wir haben nichts gehört. Wenn wir einmal da sind, steigen wir auch auf den Glockenturm der Kathedrale, ein treppenloser Serpentinenweg führt hinauf. Damit hätten wir das Sportpensum für heute auch schon erledigt. – Anmerkung Marc: Auch ich habe das Meer nicht gehört, doch hier unten herrscht eine Wahnsinns Akustik, jeder Schritt hallt nach. Hier ein kleines Kammerkonzert. – Doch wirklich begeistert hat mich im Dom, ebenfalls das Kreuz mit der Weltkugel. Vor allem der Schattenwurf, auf dem sich Jesus nach unten zu beugen scheint, um nach etwas oder jemanden zu greifen. Die helfende Hand. – Fand ich sehr sympathisch.

Von hier oben hat man einen fantastischen Ausblick auf Cadiz:

Auf die Altstadt, den Hafen und die längste Brücke Spaniens, die Brücke der Verfassung von 1812. Da die Verfassung am 19.März, dem Namenstag des hl Joseph (Pepe), verkündet wurde, heißt die Brücke im Volksmund auch La Pepa. Während wir den Ausblick genießen, läßt sich ein grüner Sittich auf einem Heiligen nieder. Und da heißt es immer die grünen Papageien gäbe es nur in Köln.

Unsere nächste Station ist die Taperia de Columela. Endlich mal wieder leckere Tapas. Hier stehen diese nicht auf der Theke wie in Bilbao, sondern werden a la carte bestellt. Der Qualität tut das keinen Abbruch. Wir sind glücklich. So sehr ich Portugal liebe, mit der portugiesischen Küche werde ich einfach nicht warm. Weiter geht es durch die Altstadt mit ihren schönen restaurierten Häusern, besonders die Türen gefallen uns sehr gut.

Als wir uns weiter durch die Gassen schlendern, stehen wir vor einem alten Bulli T2, umfunktioniert als Eisdiele. Marcs Augen strahlen. Mich erinnert es an unseren Urlaub in Sizilien auf einer Pistazienfarm. – Anmerkung Marc – die Tapas waren schon gut, doch so ein Eis als Nachtisch. – Glück kann so einfach sein.

Wir lassen uns weiter treiben und stehen auf einmal vor riesigen Bäumen, 2 Ficus Macrophylla. – Ein Mann wie ein Baum relativiert sich hier ein wenig. – Auf dem Rückweg kommen wir noch an einem Obsthändler vorbei. – Sieht alle gut aus oder? – Könnte fast bio sein, doch warum ist dann der Salat wieder in Tüten? – Wir werden es heute nicht mehr erkunden. – Denn wir machen uns lieber wieder auf den Weg. – Wir wollen heute noch ein wenig weiter gen Süden. – Wir wollen noch nach Barbate. Heute solle es ein Campingplatz werden, wir benötigen ein wenig Strom.

Teile unsere Reise mit Deinen Freunden
de_DEGerman