Wie sag ich immer “unter den Blinden ist der Einäugige König”- Habt ihr Euch einmal gefragt, was es für euch bedeuten würde, blind zu sein? – Ich musste mir diese Frage stellen. – Denn nach meinem Augenunfall war ich mehrere Tage blind. Erst dann kam mein Augenlicht wieder, zumindest auf einem Auge. Klar habe ich ein Handicap, z.B. kein räumliches Sehen. Doch nie mehr die Sonne sehen, kein “normales” Buch mehr lesen zu können? – Ich kann und will mir das gar nicht vorstellen. Umso mehr habe ich Respekt vor Menschen, die gelernt haben auch mit diesem Handicap umzugehen. 

Deshalb finde ich auch den Anlass des heutigen Gedenktages spannend. Sicherlich wusstet ihr nicht, dass heute in vielen Ländern der  Blindenschrift, dem Welt-Braille-Tag gedacht wird, oder? – Ansonsten Chapeau! – Ich wusste es zumindest bis vor kurzem nicht. 

Diese Tag bezieht sich auf den Geburtstag des Franzosen Louis Braille, welcher sich im Alter von vier Jahren, in der Werkstatt seines Vaters mit einem Werkzeug verletzte und erblindete. Braille war jemand, der das Beste aus seinem Handicap  machte. Im Alter von nur 16 Jahren entwickelte er sein eigenes Schriftsystem. Durch die Kombination von abtastbaren Punkten ermöglichte er sich und somit allen Blinden wieder zu lesen. – Habt ihr schon mal versucht, wie sich so eine Blindenschrift anfühlt? – Ich sag nur danke, dass es bei einem anfühlen blieb. 

Manchmal regen wir uns über Unerhebliches auf, und vergessen die wesentlichen Dinge. Ich kann nur Danke sagen, dass ich sehen darf. 

Heute wachen wir am See auf. Es ist Schwimmen angesagt. – Das Wasser ist klar, doch kalt, wirklich, wirklich kalt. – Dennoch schwimme ich ein paar Züge. Schnell abtrocknen und in den Bulli. – Bitte Kaffee, schnell, danke!  – Nach dem Kaffee ist es so weit, Torgit möchte auch ins Wasser oder sieht die Notwendigkeit. – Sicher folgt hierzu noch eine Anmerkung!? – Auf jeden Fall, sieht sie gar nicht glücklich aus, als sie wieder an Bord ist. – Die Zeiten, als wir uns über Warmduscher lustig gemacht haben, sind vorbei. Wir müssen uns eingestehen, dass wir doch ab und zu auf die Fraktion der Joghurtbecher, mit ihren beheizten Bädern und vor allem Warmwasser durchaus neidisch sind.  

Hector und in Zukunft Spector sind und bleiben Kompromisse. Einerseits sind wir mit einem kleinen Van durchaus flexibler, man kommt an Orte, über die ich mit einem Wohnmobil nicht nachdenken darf. Dafür muss man bei einen Bus, in Bezug auf Komfort und Ordnung, Kompromisse in Kauf nehmen. Mit dem neuen Modell, gewinnen wir zwar ein wenig mehr Platz, dennoch werden wir bestimmte Dinge immer noch hin und her räumen dürfen, müssen. (Anm. von Torgit: Marc hat mir heute versprochen: In dem neuen Bulli hast Du Platz, satt und reichlich. Ist notiert. Im Kalender. Rot. ) 

Kaum ist es Torgit wieder warm, haben wir das Gefühl unter Beschuss zu geraten. Ständig wird in der Nähe geschossen. Sind wir in eine Jagd geraten? Wir packen lieber mal zusammen. 

Wir sind mit dem Packen halbwegs fertig, kommt auch ein Spanier mit seinem Auto angerollt. Wir stehen genau zwischen ihm und seinem Angelplatz. War es ein Fehler, Hector quer zur Fahrspur zu parken? Torgit sagt ja, ich sag nein. Also schnell das Auto umparken. Ein kurzes Frühstück und wir sind wieder auf Tour.

Im nächsten Ort halten wir und versuchen zumindest Brot zur ergattern. – Schön wäre auch ein Waschsalon. Doch unsere Recherche ergibt, dass die nächste Möglichkeit zum Waschen, circa 25 km entfernt ist. Dafür haben wir hier im Ort ein funktionierendes Funknetz. In den letzten Tagen war das Netz, wie soll ich es sagen, sehr grobmaschig. So laden wir erst einmal die Fotos der letzten Tage, sowie drei Videos hoch. Das ganze dauert etwa 1 Stunde.

Wir beschließen wieder in die Berge zu fahren. Wir wollen in der Nähe des Platzes, an dem wir die Geier gesehen haben, ein wenig wandern. Inzwischen wissen wir, dass der Berg, den wir bereits in den letzten Tagen war genommen haben, der Picacho ist. Der Gipfel befindet sich im Naturpark der Alcornocales. Eine markierte Route führt von der Zufahrtsstraße nach oben. Die Landschaft ist wunderschön. Irgendwie wirkt es, als ob ein paar Riesen Steinweitwurf geübt hätten. – Denn wir marschieren durch eine Art überdimensionalen Steingarten. Wir folgen von der Straße einem Wanderweg. Bereits nach wenigen Metern Anstieg stehen wir an der Picacho-Lagune, einem kleinen See, umrandet durch Felsen und Bäume. Der Weg führt weiter unter Korkeichen, Pinien, dazwischen Heidekraut und Gestrüpp. Die Bäume sind von Flechten und Moosen bedeckt. – Da wir parallel zu einem kleinen Bachlauf inklusive mehrerer Miniatur Wasserfälle marschieren, haben wir immer das Gurgeln und Plätschern des Wassers in den Ohren. Obwohl der Weg gut zu laufen ist, kommen wir auf dem steinigen Untergrund nur langsam vorwärts. Oder liegt es daran, dass wir alle paar Meter halt machen um etwas Neues zu erkunden? – Sei es die diversen Greifvögel am Himmel oder unbekannte Pflanzen, Blüten und Sträucher.

Torgit musst unschön lernen, dass man sich nicht an jedem Gestrüpp festhalten darf. – Denn was da so schön, kuschelig grün aussah, war bei näherer Betrachtung ziemlich stachelig. – Als wir nach etwa 3 Stunden wieder am Bulli anlangten, freuen wir uns auf etwas Wärme. Nur wenige 100 m von unserem Startplatz liegt unser Schlafplatz von vor zwei Tagen. Jetzt wird erst einmal eine warme Suppe gekocht. Danach wird etwas gelesen.

Erkenntnis des Tages: Du darfst alles ansehen, aber nicht alles anfassen!!!

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