…Ich bin ‘ne lebende Legende und wär schon längst in Rente – wenn ich nur jemanden fände der den Job machen könnte

dieses Lied, des Rödelheim Hartreim Projekts und vor allem seine letzten Zeilen waren lange Zeit meine persönliche Hymne. Doch ist es das wirklich? – Höher, schneller, weiter war lange Zeit mein, unser Tempo. Im Nachgang stellen Torgit und ich fest, dass wir genau so auch die ersten Wochen unserer Tour gefahren sind. Sobald die Sonne nicht mitspielte, ging es weita. Immer auf der Suche nach der Optimierung. 

Die letzte Woche an einem Ort hat uns gut getan, wir merken, dass wir erst jetzt endschleunigen. Sicherlich werden wir weiterhin regel-mäßig den Standort wechseln. – Doch wenn wir an einem Tag einmal nichts sehen, nichts zu berichten haben, dann ist das so. Wir denken und sprechen zwischendurch immer wieder gemeinsam darüber, was wir von zu Hause wirklich vermissen. Es ist erschreckend, wie wenig das wirklich ist. Natürlich ist eine warme Dusche deutlich angenehmer als die heutige, extrem Kalte. Doch ist es wirklich das, was einen glücklich macht? Wir haben bereits in den Wochen vor unserer Tour viel alten Ballast entsorgt. Viele Gegenstände, die in den letzten Jahren in den Keller gewandert sind, wurden in Ebay und auf Flohmärkten verkauft oder sogar verschenkt. Dennoch ist vieles übrig geblieben. Wir haben z.B. drei verschiedene Ledercouchen in drei verschiedenen Zimmern. Doch gesessen haben wir eigentlich nur auf einer. Manches Designerstück, Bildbände & Co. sind schön. Wir wollten sie auch unbedingt besitzen. Doch was ist es uns heute wert? Fragen, die uns sicherlich noch eine gewisse Zeit beschäftigen. – Während ich diese Zeilen schreibe, bin ich fern von jedem Netz. Vodafone gibt keinen Pieps von sich und die Telekom nur sporadisch. Werde dies also später hochladen.

Gerade haben wir den 11.11. – 10:11. Ja, ihr habt richtig gelesen. 10:11. Doch währen hier in Portugal die Uhren etwas langsamer ticken, ist es in Kölle 11:11. – In Kölle wird die Karnevalssession eröffnet. – Unser Tag fängt ganz ohne Kölsch, Konfetti und Kölle Alaaf an. – Vermissen wir es? – Ein wenig schon, doch entspannter…

Drive In Supermarkt geht übrigens auch entspannter. Da hier einige Camper stehen, kommt eine alte Dame, laut hupend, mit Ihrem Mitsubishi L300 vorgefahren, öffnet die Heckklappe und der Markt ist eröffnet. In Körben werden Obst, Gemüse und Brot feil geboten. – Letzteres ist noch richtig warm. Als Vertriebler finde ich spannend, wie der Preis durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Da zuckt keiner, dass der Preis außerhalb der bekannten Grenzen liegt. Ich beschränke mich in anderer Form, da ich ein wenig auf die Linie achten will, gibt es heute nur ein “Brötchen”. – Dafür aber Frühstück im Bett. 😉

Es hat sich nicht nur das Verständnis zum Drive In gewandelt, sondern auch das zum coffee to go. Den Pappbecher hatten wir ja bereits seit längerem durch die Porzellanbecher der “Kaffeerösterei Viktualienmarkt” ersetzt. Haben die doch mit Nino den, aus meiner Sicht, weltbesten Barista. – Ist ja schließlich famiglia. – Dennoch ist beschlossen, für die Becher suchen wir jemand, der sie braucht. Wir trinken lieber unseren Kaffee to slow, als to go. Die Becher sind somit überflüssig geworden.

Auch unser großer Teppich hat sich nicht bewährt, hier müssen wir irgendwann einmal Ersatz finden. – Dieser wandert bereits heute in einen alten Camper, es freut uns, wenn er jemand anderes glücklich macht.

Im Anschluss wird gepackt. – Auch beim zweiten Mal können wir Monchique nichts abgewinnen. Wir beschließen deshalb spontan, uns wieder in Richtung Meer zu begeben. Unser heutiges Ziel verdanken wir unserer Freundin Sabine, nicht aus Kölle, aber nah dran. Sie war 2017 an der Algarve und hat uns Monte Clerigo ans Herz gelegt. – Wir sind gespannt, doch was soll da noch schief gehen?

Der Rückweg Richtung Aljezur führt uns wieder durch die bewaldete Bergwelt. Diese Gegend ist sicher im Sommer ein Traum zum Wandern. Im Nebel mit leichtem Nieselregen ist sie sicherlich noch für Offroad Abendteuer geeignet. Doch hierfür ist weder unser Hector geeignet, noch Torgits Nervenkostüm, welches jedoch von Woche zu Woche besser wird. (Anm. von Torgit: Übung macht den Meister. Womit wir wieder bei den schlauen Sprüchen unserer Kindheit wären. Sie stimmen öfter als man denkt)

In Aljezur halten wir kurz neben einem Defender, der an die Lara Croft Version erinnert. – So stehen zwei meiner Traumautos nebeneinander. Den einen habe ich, den anderen hatte ich. Wer möchte da noch Mercedes, Porsche & Co? – Meine Träume haben sich zumindest verändert. – Auf dem Parkplatz werden wir von Karo angesprochen. Die Situation ist etwas komisch. Ob wir Brot kaufen wollten. Karo sieht so aus, dass man erst einmal an Drogen denkt, wobei sie  “nur” selbstgebackenes Vollkornbrot zu verkaufen hat. – Doch nach wochenlangem Weißbrot ist das auch einer Droge gleich zu setzen. Karo ist seit den 80er in Portugal. Ihre Kinder sind hier aufgewachsen. Der älteste war zwischendurch zehn Jahre in Deutschland und ist dann zurück gekommen, mit Frau, Kind und Pferd. – Er hätte ein Strohballenhaus, mit Fachwerk, Lehmwänden und so gebaut. Also alles in allem nett, aber ein wenig Öko.  

Als wir in Monte Clerigo ankommen, erkundet Torgit erst mal den Strand und ich die Möglichkeiten für einen Standplatz in der Nacht. Oben auf den Klippen findet sich etwas geeignetes. – Wir treffen uns wieder am Strand und beschließen erst einmal etwas Essen zu gehen. Am Ende des Strandes hat noch ein kleines Restaurant geöffnet. – Das O Sargo hat uns sicherlich nicht das letzte Mal gesehen. – Beim nächsten Mal müssen wir etwas machen, was wir ganz selten tun, das Essen fotografieren. Den dieses war nicht nur superlecker, sondern sah auch noch supergut aus. Doch heute waren wir zu hungrig, um noch einmal das iPhone raus zu holen. Viel lieber genießen wir die Gemütlichkeit und quatschen ein wenig. – Torgit macht mit ihrer Poke Bowl das, was sie am liebsten mit ihrem Essen macht. – Einfach erst einmal alles durcheinander mischen. Im Bergischen sagen wir “untereinander” dazu. Dort gibt es z.B Möhren untereinander. – Das sind zerquetschte Möhren, Kartoffeln, Zwiebeln, Speck, Bratwurst, halt alles untereinander. Lecker! – Torgit erzählt mal wieder mit Stolz, dass ihr Opa, der “Lumpensammler”, auch alles erst einmal untereinander gemischt hat. Jedesmal, wenn Torgit von ihrem Opa redet, strahlen ihre Augen. – Sie hat auf beiden Seiten noch Oma, Opa, Uroma und Uropa kennen gelernt. – Ich nur meine Oma und sie war ein Schärmetz, doch das ist eine andere Geschichte. Ich finde es auf jeden Fall toll mit welch Stolz sie über ihren Opa redet, der in Godesberg ein Altpapierlager besaß. – Doch ich mag den Ausdruck Lumpensammler, denn dann ist auch klar, warum Torgit sich einen Heckenpenner wie mich ausgesucht hat. (Anm. von Torgit: Damit ist auch meine Leidenschaft für Schrottplätze erklärt. Mein Opa sammelte auch NE-Metalle. Ach ja, und ich habe ein Auge für Fußballplätze, denn in der Familie meines Vaters spielte JEDER Mann Fußball. Womit die Wochenendaktivitäten meiner Kindheit erklärt wären. Andere Kinder mussten mit ihren Eltern ins Museum. Ich war wenigstens an der frischen Luft. Marcs Vater hatte immer Sorgen er wäre schwul, weil er kein Fußball spielte. Ich war dankbar. ) 

 

Ja wo ist er denn? – Nicht nur ein Hector , sondern vor allem ein “geschützte Ecke” Suchbild. Der Wind pfeift eisig. Wir lassen heute nacht sicherlich das Aufstelldach verstaut. 

Erkenntnis des Tages: Wo Wellen sind, da ist auch Wind! – Hecken zum Schutz sind heute nicht vorhanden. 

Teile unsere Reise mit Deinen Freunden
de_DEGerman