Uns geht es nicht nur gut, nein, uns geht es sehr, sehr gut. – Dies wird uns in den letzten Tagen mehr und mehr bewusst. – Wir sind gesund und glücklich. Zwei nicht zu unterschätzende Werte. – Doch sind wir deshalb auch privilegiert? – Diese Frage habe ich mir gestellt, nach dem ich einerseits eine Review über den Film “Expedition Happiness” gelesen habe. – Ebenfalls eine Bloggerin und selbsternannte Kritikerin zerreisst den Film mit den Worten “zwei privilegierte Anfang-Zwanziger”, die “ohne irgendeinen Plan”, “in der Gegend rumfahren” – Die Machart “absolut unprofessionell”, “Woher sie das Geld haben, «einfach mal so abzuhauen», um sich um «keine Termine mehr zu kümmern»? Wird nicht erwähnt.” 

Ihr “Funfact: gerade die Überprivilegiertheit führt in manchen Fällen dazu, dass die fröhlich vor sich hin musizierenden Kinder reicher Väter und Mütter später auf familiär erworbenes Kapital zurückgreifen können (Sicherheitspolster!) und deshalb explizit gar keine Karriere brauchen, um Geld oder Prestige anzuhäufen.” – Woher die Autorin ihr Detailwissen hat, wird ebenfalls nicht erwähnt. 

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In diesem Zusammenhang fällt mir auf, dass wir ebenfalls nicht erwähnt haben, woher wir das Geld für unsere Tour haben. – Wir wurden aber auch nicht gefragt. – Warum wir das bisher nicht erwähnt haben? – Vielleicht weil sowohl Torgit als auch ich mit den Worten “Über Geld spricht man nicht” erzogen wurden. – Sind wir deshalb priviligiert oder sogar überprivilegiert? 

Diese Frage habe ich mir in den letzten Tagen des häufigeren gestellt. – Denn machen wir uns nichts vor, der Eindruck ist nicht von der Hand zu weisen. Doch ist es nur ein Eindruck oder entspricht es der Tatsache? Nachdem wir nun auch noch unseren Hausstand Stück für Stück verkaufen und mangels Flohmärkte etliches im Social Media posten, häufen sich “natürlich” nicht nur positive, sondern auch etliche, negative Kommentare. “Wie kann man in Zeiten von Corona solche Preise nehmen?” – “Warum sind Eure Sachen so teuer?”…? – Solche Fragen sind absolut in Ordnung. – Muss man nicht beantworten, doch man kann.

Vielleicht stellt sich als nächstes die Frage, wie konnten und können die sich das überhaupt leisten? – “Ständig durch die Gegend tingeln…” Wobei wir wieder beim Thema überprivilegiert sind. – Ich könnte jetzt antworten “Neid muss man sich hart erarbeiten, Mitleid bekommt man geschenkt” – Mach ich aber nicht. – Das wäre zu einfach. Doch Fakt ist auch, dass weder Torgit, noch ich “fröhlich vor sich hin musizierende Kinder reicher Väter und Mütter” sind. – Heißt das nicht auch Mütter und Väter? 

Wir beide sind Kinder aus Arbeiterfamilien. Und wenn man etwas in Arbeiterfamilien lernt, so ist das arbeiten, viel arbeiten, hart arbeiten und noch mehr arbeiten. Torgit hat nicht nur in einem Job gearbeitet, sondern hatte fast immer zwei Jobs gleichzeitig. Sie hat so viel gearbeitet, dass es irgendwann zu viel war. Es rächt sich fast alles im Leben. – Bei mir war es zwar nur ein Job (oder wie ich sage meine Berufung), doch auch hier waren es viele, sehr viele Stunden. Nichts gegen die 35 Stundenwoche, habe ich auch immer gemacht, nur halt zweimal die Woche. 😉 Das ist keinerlei Beschwerde, denn ich durfte arbeiten ohne an “endlich Freitag” zu denken. Doch nach 33 Jahren Selbständigkeit weiß ich auch was rauf, runter, rauf, runter, rauf heißt. Denn auch das ist Selbständigkeit, und nicht nur selbst und ständig.

Wie gesagt, dies ist keinerlei Beschwerde, ganz im Gegenteil, denn ich bin viel zu dankbar dafür, dass ich etwas schaffen durfte, dass ich eine Aufgabe hatte, die mich über Jahre, immer aufs Neue begeistert hat. – Menschen auf dem Weg ins eigene Haus zu begleiten war meine Berufung. “Man verkauft nicht nur ein Haus, sondern prägt die Zukunft über Generationen. Man erschafft einer Familie einen neuen Lebensmittelpunkt. Auch wenn der Standort sich ändert, der Wert bleibt.” – Habt ihr schon mal von mir gehört? Wundert mich nicht. – Vielleicht war dies mein Mantra 😉

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Unsere langjährige Arbeit ermöglicht uns nicht nur Werte anzuschaffen, sondern auch unseren Traum zu leben, statt nur zu träumen. Andererseits haben wir so viel gearbeitet, dass wir gar keine Zeit hatten über Plan B nachzudenken. So ergeht es sicherlich vielen Menschen. Sie laufen und laufen in ihrem Rad. So mancher spürt sicherlich gerade, dass da etwas anders, etwas anderes ist. Ob alle “nach Corona” brav wieder in ihr Rad zurück kehren? Ich weiß es nicht. – Ich gehe sogar so weit, mir die Frage zu stellen, wer auf dem richtigen Tripp war oder ist. – Wir, die wir vorher jahrelang geschafft haben oder der Surfer, den wir am Strand kennenlernen durften. “Ich kann mir keinen regulären Beruf leisten, dann hätte ich ja keine Zeit zum Surfen.” – Ich habe mir nur zweimal im Leben die Frage gestellt, ob mein Gegenüber verrückt ist oder ich. Dies war das eine mal. Das andere Mal war, als ich vor einigen Jahren, kurz vor Weihnachten eine Behindertenwerkstatt besuchte. Als ich all die gut gelaunten, lachenden Menschen sah, war ich mir halt nicht sicher. – Wir ihr seht, ich bin kritikfähig, zumindest in Grenzen. 

Und genau hierin sehe ich den Unterschied. – Auch meine beiden Geschwister haben, ebenso wie ich, gelernt hart zu arbeiten. Beide kennen das Thema Selbständigkeit mit allen Facetten. – Ich hatte ja schon mal geschrieben, dass mein Bruder “früher” immer mit Vierzig fertig sein wollte. Wer A sagt muss auch B sagen? Muss nicht, kann!  – Genau das haben wir getan. Wir haben uns für B entschieden. Unseren Plan B. – Wir haben es gewagt, einfach mal planBwagen. 

Bin ich, sind wir, deshalb noch einmal zurück zur Frage, privilegiert oder sogar überprivilegiert? Aus meiner Sicht ein ganz klares nein. Was haltet ihr von folgendem Kompromiss?

“Privilegiert zu sein, ist die aktuelle Bezeichnung für “Glück gehabt”. – Erhard Blanck

PS: Falls sich jetzt noch jemand die Frage nach den Kosten unserer Tour stellt, hierzu folgende Info: Wir waren positiv überrascht, wie günstig reisen sein kann. Doch dies hängt sicherlich auch ein wenig davon ab, wie man unterwegs lebt. Da wir unterwegs überwiegend selbst kochen und eher seltener im Restaurant speisen, fällt hier schon einer der wesentlichen Kostentreiber weg. Wer Wert auf gutes Essen legt, wird feststellen, dass Wurst und Käse zwar teurer, Obst dafür günstiger sind. – Seit dem wir unsere Solartasche besitzen, wurden wir unabhängiger von Campingplätzen. Auch dies spart uns Geld. – So lagen wir im Schnitt bei ca. 1.000,- € für Lebensmittel, Strom, Wasser, Stellplätze und Benzin (Diesel). Ich habe bewusst nicht 500,- € pro Person geschrieben, denn das würde sicherlich nicht passen. Ein wesentlicher Faktor, der hier fehlt, ist die Kranken-, bzw. Ausland-Reisekrankenversicherung. Erste ist individuell und halt abhängig davon, ob man privat oder gesetzlich versichert ist. Die Zweite kann mit ca. 2,- € pro Tag beziffert werden. Weitere Versicherungen für Auto & Co hängen halt auch vom individuellen Versicherungsschutz ab.

PPS: Mein Bruder wollte mit Vierzig fertig sein, heute mit knapp über 60 will er doch lieber mehr, schneller, weita… – Es ist egal welchen Tripp man wählt. – Hauptsache glücklich. Deshalb freut es mich zu sehen, dass er mit seinem Weg glücklich wirkt. Muss ihn bei Gelegenheit noch mal fragen. 😉 – Vielleicht will ich  ja später auch wieder höher… – Doch jetzt wollen wir nur eines “Back to der road” …

 

“Möcht wieder singen, nicht schön, sondern geil und laut

Denn Gold find man bekanntlich im Dreck

Und Straßen sind aus Dreck gebaut”

Marius

 

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