Wir befinden uns immer noch in Zambujeira do Mar. – Morgen wollen wir uns weiter gen Süden und somit Richtung Algarve, auf den Weg machen. – Wir schwanken, ob wir im Dezember auf die Kanaren, alternativ Marokko übersetzen sollen oder doch unsere ursprüngliche Planung beibehalten und die iberische Mittelmeerküste erkunden. Wir wissen, viele Wege führen nach Compostella, doch da waren wir ja schon. –
Wer hat hierzu und zum weiteren Verlauf unser Tour noch Tipps?
Wer ist zufällig in dieser Zeit in einer der Gegenden unterwegs?
Wie oder wo feiert man in einem Bulli standesgemäß Weihnachten? – Wir sind für alle Tipps dankbar!
Sicherlich kennen die meisten von euch den Film „Das Beste kommt zum Schluss“ – Wer ihn nicht kennt, er handelt von zwei sterbenskranke Männer, die beschließen Ihre Löffelliste abzuarbeiten. Morgan Freeman und Jack Nicholson spielen diese Rolle brillant. – Sprich all die entscheidenden Dinge zu erledigen, für die sie vorher “keine Zeit” hatten. Zum Schluss, bevor sie den Löffel abgeben.
Gerade junge Menschen, die Träume haben, die Welt verändern wollen, meinen alle Zeit der Welt zu haben. Später hat man Ziele statt Träume und immer noch Zeit. Doch erst wenn wir alt und grau sind oder der Tod an die Tür klopft, kommen all diese Dinge zurück in den Fokus. Nun wird die Zeit knapp und selbst wenn man die Zeit hat, sind oft die Knochen müde.
Mich erinnert das immer an den Knef Song, “Für mich solls rote Rosen regnen”. – Min Bap hörte diesen Song oft und gern. Komischerweise war dies etwas, was ich mit ihm teilte. – Wobei ich als junger Teenie die Version von Extrabreit bevorzugte. Dieser Text beschreibt wunderbar, wie aus “ich will, ich möchte” am Ende “ich sollt mich fügen, begnügen” wird.
Wenn ich mich auf unserer Tour so umsehe, treffen wir in der Regel auf zwei Kategorien Reisende (Urlauber lasse ich bewusst einmal außen vor). – Entweder sind es extrem junge Menschen oder Rentner. Immer wieder hören wir, ihr macht das genau richtig. – “Noch seid ihr gesund, noch geht es, uns fällt das Reisen schon schwer.” – Wenn wir es jedoch richtig machen, stellt sich die Frage, warum machen es so wenige richtig? – Dies scheint kein Thema des Geldes zu sein. – Zwischendurch treffen wir ja auch immer wieder die Ausnahmen. Menschen die ganz bewusst ihre Karriere zurückstellen, Ihren Lebensstandard reduzieren, um im Hier und Jetzt zu leben.
Gestern habe ich mit meinem Bruder Dirk telefoniert. In jungen Jahren hatte er ein klar definiertes Ziel. – “Mit 40 will ich mit dem Arbeiten fertig sein. – Denn dann bin ich noch jung und kann segeln, vielleicht sogar segelfliegen. Hobbys realisieren, die ich später vielleicht nicht mehr realisieren kann.” – Aus heutiger Sicht muss man sagen, mein Bruder war ein absoluter Vordenker seiner Zeit. – Denn heute gibt es eine ganze Bewegung, die sich genau mit diesem Thema auseinandersetzt. Mit 40 fertig zu sein, um dann in jungen Jahren aus- beziehungsweise einzusteigen. Die Bewegung hat sogar einen Namen: Frugalisten.
Frugal bedeutet “einfach, bescheiden, mäßig” – Hört sich das nach Spaß und Glück an? Eher nach Langeweile oder? – Jeder sollte hierzu seine eigene, persönliche Entscheidung treffen. Ich maße mir keineswegs an, zu wissen was diesbezüglich richtig oder falsch ist. Ich persönlich kenne keine Menschen, die diese Entscheidung in jungen Jahren bewusst getroffen haben und am Ende auch umgesetzt haben. – Mein Bruder ist inzwischen jenseits der 60. – Er arbeitet wie eh und je. Ich war und bin mir nicht sicher, ob er überhaupt ohne Arbeit glücklich wäre. – Er hat immer gerne gearbeitet, ich hoffe, dass es ihn weiterhin glücklich macht. – Er hätte sicherlich mit 40 aussteigen können, doch er hat es nicht getan.
Ebenso unsicher bin ich mir, ob ein langfristiger Ausstieg, für uns, für mich das richtige wäre. Was ich aber beantworten kann, ist, dass die Entscheidung, eine gewisse Zeit auszusteigen, die beste meines Lebens war und ist. – Deshalb finde ich es wunderbar, dass die Generation Y und Z uns lehrt, dass es auch ein Arbeits-Leben, mit Home-Office, Sabbatical, Elternzeit, Work Life Balance gibt.
Wer denkt, heute ist der Häusgen aber philosophisch, das könnte daran liegen das ich einen Großteil meines Tages in der Hängematte verbracht habe. Wie sagt mein Freund Uwe immer? Kreativität entsteht aus Langeweile! – Während ich in der Hängematte liege, findet Torgit ihre Ruhe beim Yoga in der Sonne.
Dann war das ein kreativer Tag. – Abends kochen wir gemeinsam. – Während ich diese Zeilen schreibe, hören wir BAP, bzw. Nideggen. – Do jeht ming Frau, Verdamp lang her und Do kannst zaubre. – Alles und gut. Irgendwie ist er sehr, sehr schnell vorbei gegangen.
Nachtrag: Als ich mir gerade im Sanitärbereich die Zähne putze, spielt der 80er Sender, Kayleigh von Marillion, aus dem Jahre 1985. Einer meiner damaligen Lieblingssongs, denn man hatte ja noch viele.
“Erinnerst du dich an die Kirschblüte auf dem Marktplatz?
Erinnerst Du Dich, ich dachte, es sei Konfetti in unseren Haaren!”
“Do you remember the cherry blossom in the market square
Do you remember I thought it was confetti in our hair”
Zurück im Bulli wollen wir uns noch die Neue-Alte “Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz” von Marius anhören.
Doch dazu Morgen mehr.
Erkenntnis des Tages: Manchmal verfliegen die langsamen Tage, ebenso schnell, wie die schnellen.
Mit 16, sagte ich still: ich will, will groß sein, will siegen, will froh sein, nie lügen.
Mit 16, sagte ich still: ich will, will alles oder nichts.
Für mich soll’s rote Rosen regnen, mir sollten sämtliche Wunder begegnen,
die Welt sollte sich umgestalten und ihre Sorgen für sich behalten.
Und später, sagte ich noch: Ich möcht verstehen, viel sehen, erfahren, bewahren.
Und später, sagte ich noch: Ich möcht nicht allein sein und doch frei sein.
Für mich soll’s rote Rosen regnen, mir sollten sämtliche Wunder begegnen,
das Glück sollte sich sanft verhalten, es soll mein Schicksal mit Liebe verwalten.
Und heute, sage ich still: Ich sollt mich fügen, begnügnen,
ich kann mich nicht fügen, kann mich nicht begnügnen:
will immer noch siegen. will alles, oder nichts. Für mich soll’s rote Rosen regnen,
mir sollten ganz neue Wunder begegnen, mich fern vom alten neu entfalten,
von dem, was erwartet, das meiste halten.
ich will, ich will” – Knef
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